-
Notifications
You must be signed in to change notification settings - Fork 0
/
Copy pathKimiko.txt
59 lines (52 loc) · 11.9 KB
/
Kimiko.txt
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
Noch bevor sich die Ladentür wieder ganz geschlossen hatte, war Anita beim Ständer mit den Manga-Neuheiten und hatte die neueste Ausgabe Six Silver Bedlam hinter ein paar Heften One Piece hervor gefischt. Eine ganze Weile stand sie glücklich da und blätterte, sorgfältig darauf achtend, nicht zu weit nach hinten zu geraten - Spoilers. Es hatte eine Menge Gequengel und ständige Vorbestellungen gebraucht, bis Robert, der Manager des Ladens, die Serie ins Programm aufgenommen hatte. Seiner Meinung nach las niemand die neue Serie von Six Silver Bedlam, aber Anita kannte mindestens zwei Personen, die sehnsüchtig auf jedes neue Heft warteten. Oder doch mindestens eine. Sie selbst eingeschlossen. Als sie für einen Moment aus ihrer glücklichen Trance erwachte und aufsah, um die Situation an der Kasse zu sondieren, sah sie sie.
Sie stand in der alphabetisch sortierten Sektion und sah G bis K durch. Sie war ganz in schwarz und weiß gekleidet. Auch ihre Haare waren schneeweiß gefärbt und bis über die Ohren kurz geschnitten. Ihre Gesichtszüge sahen asiatisch aus, vermutlich japanisch. Irgendetwas an ihr fesselte Anita über alle Maßen. Vielleicht die Linie ihrer Wangenknochen, vielleicht die sanft geschwungene Nase oder das spitze Kinn, wahrscheinlich die Kombination aus allem. Die Fremde war nicht viel älter als sie, vielleicht neunzehn oder zwanzig. Über einer weißen gerüschten Bluse trug sie eine lange schwarze Jacke mit Knöpfen und Stickereien, die Anita an einen Zirkusdirektor oder Vaudeville-Künstler erinnerten. Ihr kurzer schwarzer Rock hatte ein paar dezente Spitzenapplikationen und wurde von einer weißen Strumpfhose kontrastiert. Kurz unter den Knien verschwand diese in schwarzen Stiefeln mit Absatz.
Das Heft in Anitas Hand war komplett vergessen. Sie musste sich zwingen, irgendwo anders hin zu sehen, um sie nicht die ganze Zeit an zu starren. Plötzlich wurde sie sich schmerzlich ihres eigenen Äußeren bewusst. Sie kam sich im Vergleich zu ihr schäbig vor. Ihr Rock war länger und schlichter, ihr Birthday Massacre T-Shirt war schon etwas abgetragen, und das Violett der Kniestrümpfe passte nicht genau dazu. Ihre Haare hatten ihr langweiliges natürliches Dunkelbraun und fielen offen bis zu ihrem Kinn. Selbst ihr durchschnittliches, weißes Gesicht war eines, das man hier an jeder Ecke sehen konnte.
Das Mädchen in schwarz und weiß legte ein Heft zurück, und bevor sie zu einem anderen Regal ging, sah sie kurz zu Anita herüber. Ein Stich in ihrer Brust ließ ihre selbstkritischen Gedanken abreißen. Sie hatte Anita angesehen - oder nur in ihre ungefähre Richtung? Anita war unfähig, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Es war nur ein kurzer Moment gewesen. Hatte sie sie überhaupt gesehen? Hatte sie interessiert gewirkt? Hatte sie bemerkt, dass Anita sie angestarrt hatte? Sie sah schnell nach unten und ihr Blick fiel wieder auf das Manga. Vielleicht sollte sie endlich zur Kasse gehen. Aber viel lieber wollte sie noch ein bisschen herum stöbern, um noch ab und zu zu ihr hinüber sehen zu können. Andererseits würde ihr das auf deprimierende Weise vor Augen halten, dass sie nicht den Mut hatte, sie anzusprechen.
"Uuh, Six Silver Bedlam. Lohnt es sich, mit den neuen anzufangen? Ich liebe die klassischen, aber kann man da wirklich noch was drauf setzen?"
Anita zuckte zusammen und sah auf. Da stand sie, direkt neben ihr, und redete mit ihr. Spätestens jetzt, als sie den Mund auf gemacht hatte, war es komplett um Anita geschehen. Die Art, wie sie "uuh" gesagt hatte, ließ ihr die Knie weich werden. Sie meinte, eine neckende doppelte Ironie darin zu hören, mit der sie sich einerseits über Leute lustig machte, die sich für unheimlich edgy hielten, weil sie Nischenmangas wie SSB lasen, und sich andererseits selbst voll zu diesen Leuten zählte. Was sie sonst noch gesagt hatte, brauchte einen Moment, um in Anitas Bewusstsein anzukommen. Sie wusste nicht, wie lange sie sie schon auf eine Antwort hatte warten lassen. Es fiel ihr schwer, auch nur zu atmen, aber schließlich schaffte sie ein "ja, total!". Ihr fiel nichts ein, das sie noch hinzu fügen konnte, aber die Fremde rettete sie.
"Ist es eine ganz neue Geschichte, kein Aufguss vom alten Material?"
"Ja", bestätigte Anita dankbar, "eine Menge neue Charaktere, aber auch ein paar klassische."
Sie verzog ein wenig das Gesicht. "Aber bitte kein Prequel?"
Anita musste lächeln und schüttelte den Kopf.
Das Mädchen grinste und zog dabei die Nase kraus. Der Gesichtsausdruck stand ihr wahnsinnig gut. "Ich glaube, ich werde doch mal hinein lesen", beschloss sie.
Was dann passierte, würde, so empfand es Anita später, ihr Leben verändern. Sie wusste nicht, was sie sich dabei gedacht hatte, oder wie sie den Mut gefunden hatte. Wahrscheinlich hatte sie gar nichts gedacht, und das war ihr Glück. Ehe sie es sich versah, hatte sie es gesagt.
"Ich habe sie alle. Soll ich sie dir leihen?"
Ihr Gegenüber legte den Kopf schief. "Das ist lieb, danke! Vielleicht erst mal drei oder vier, dann sehe ich ja, ob ich hängen bleibe." Sie überlege kurz. "Wollen wir uns morgen wieder hier treffen? Gleiche Zeit?"
Anita konnte es kaum glauben, aber nickte schüchtern. "Gerne."
"Ich heiße übrigens Kimiko."
Was für ein bezaubernder Name, hätte sie gerne gesagt. "Anita." brachte sie heraus.
"Bis morgen, Anita!" sagte sie lächelnd und ging Richtung Tür. Halb erwartete Anita, dass sie ein paar schwarz-weiße Flügel ausbreiten und davon schweben würde.
Vor der letzten Ecke blieb Anita kurz stehen und atmete tief durch. Ihr war ein bisschen schwindelig und in ihrem Magen kribbelte es. Sie hatte kaum geschlafen, und wenn sie doch einmal weg gedöst war, hatte ein Engel in schwarz und weiß ihre Träume heim gesucht. Den ganzen nächsten Tag hatte sie sich auf nichts konzentrieren können. Schon gegen Mittag hatte sie angefangen, sich ausgehfertig zu machen. Sie hatte vier Outfits durch probiert und schließlich wieder das erste angezogen - das 69-Eyes-T-Shirt und ihren schwarz-lila gestreiften Rock. Sie hatte viel zu viel Make-Up aufgetragen, alles wieder abgewischt und von vorne angefangen. Trotzdem war sie viel zu früh dran. Und jetzt stand sie hier an der Ecke. Plötzlich fühlte sie Panik aufkommen. Was machte sie hier? Sie spürte den starken Impuls, sich umzudrehen und wieder nach Hause zu gehen. Was konnte sie jemandem wie Kimiko schon bieten? Wahrscheinlich war sie nicht mal an Frauen interessiert, und selbst wenn, dann doch nicht an ihr. Warum machte sie sich Illusionen? Ein paar Sekunden stand sie wie gelähmt, dann drehte sie sich tatsächlich um und begann, in die andere Richtung zurück zu gehen. Doch mit jedem Schritt wurde der Gedanke stärker, dass sie Kimiko nie wieder sehen würde, wenn sie jetzt wieder nach Hause gehen würde. Sie zwang ihre Beine, an der nächsten Ecke links abzubiegen, dann noch einmal links, und näherte sich so dem Comicladen von der anderen Seite. Ihr Herz klopfte wie verrückt, als endlich der Eingang in Sichtweite war. Vor der Tür war niemand, und auch als sie näher kam und durchs Schaufenster sah, konnte sie Kimiko nicht entdecken. Es war aber ja auch noch etwas früher als die vereinbarte Zeit. Anita kehrte um und machte noch einmal eine Runde um den Block, diesmal in die andere Richtung. Den ganzen Weg über musste sie den Teil von sich, der weg laufen, nach Hause gehen, sich verstecken wollte, im Zaum halten, und sorgfältig einen Fuß vor den anderen setzen, und in die richtige Richtung abbiegen. Schließlich war sie wieder an der Ecke, an der sie vorhin gescheitert war. Diesmal versuchte sie, nicht weiter nachzudenken, und ging einfach weiter. Ihr Herz machte einen Sprung. Kimiko stand vor dem Comicladen. Sie sah in ihre Richtung. Als sie Anita erkannte, lächelte sie. Sie trug eine Variation des Outfits von gestern. Diesmal hatte sie zusätzlich eine schwarze Handtasche dabei. Sie sah ganz anders - besser - aus, als Anita sie in Erinnerung hatte. Sie hatte Kimiko gestern nur ein paar Minuten gesehen, und dann hatte ihre Fantasie 24 Stunden Zeit gehabt, mit diesen Eindrücken zu spielen, aber das Ergebnis konnte nicht mit der Realität mithalten. Anita bekam weiche Knie, doch jetzt war ein Rückzug ausgeschlossen. Tapfer legte sie die restlichen Meter zurück. Kimiko lächelte noch breiter und sagte, "Nicht heute".
Anita blieb abrupt stehen und starrte Kimiko an. Nicht heute? Hatte sie gestern etwas falsch verstanden? Hatte Kimiko nicht "morgen" gesagt? Vielleicht hatte sie es nicht wörtlich gemeint. Anita schalt sich einen Dummkopf. Bestimmt hatte sie es vermasselt. Aber... Kimiko war hier, also musste der Treffpunkt doch stimmen! Verzweifelt überlegte sie, was sie verpasst haben könnte. Kimiko sah sie mit ihren dunklen Augen an und schien sich köstlich zu amüsieren. Sie streckte einen Zeigefinger aus und deutete auf Anitas Brust. Anita sah an sich herunter. Auf ihrem 69-Eyes-Shirt war auf der Vorderseite nur ein Ankh, das Logo der Band, abgebildet. Sie überlegte fieberhaft, was Kimiko ihr sagen wollte, aber ihr Verstand versagte ihr den Dienst. Kimiko wartete noch ein paar quälende Sekunden, dann fragte sie:
"Du trägst ein Ankh auf der Brust. Wer bist du?"
Als Anita sie nur weiter verständnislos ansah, beantwortete sie die Frage selbst: "Tod!"
Als Anita nicht gleich reagierte, fügte sie hinzu, "Kennst Du Sandman?"
Anita nickte. Langsam konnte sie folgen. In Neil Gaimans Comics war die Inkarnation des Todes ein Goth Girl, das ein Ankh um den Hals trug.
"Ich nehme an, das ist ein 69-Eyes-T-Shirt." stellte Kimiko fest. "Aber im ersten Moment habe ich an Sandman gedacht. Und dann habe ich überlegt, wie ich Dich darauf anspreche, dass Du Tod bist. Aber es gibt nur eines was wir dem Tod sagen: 'Nicht heute'."
Anita musste lachen, und ihre Nervosität und Verwirrung löste sich ein wenig. "Das ist jetzt aber nicht mehr Sandman."
Kimiko grinste. "Ich weiß. War vielleicht doch ein bisschen zu weit her geholt."
Anita schüttelte den Kopf. "Das hätte ich eigentlich kapieren müssen."
Kimiko winke ab. "Ich hoffe jedenfalls, dass ich nicht mit meinem Leben für etwas zum Lesen bezahlen muss."
"'Nicht heute'", zitierte Anita noch einmal und griff nach ihrer Handtasche, um die Six Silver Bedlam Hefte heraus zu holen. Sie reichte sie Kimiko, die sofort anfing, im ersten herum zu blättern - aber, wie Anita auffiel, nicht weiter als bis zur Mitte.
"Danke!" strahlte sie und zog die Nase kraus. "Ich bin schon so gespannt."
Gott, ist das süß, wenn sie das mit der Nase macht, dachte Anita.
Two geeky girls save the world from dark magic with the help of comic books.
Anita meets Kimiko in a comic book shop where they are attacked by a magical creature and barely escape.
Anita discovers that the necklace she got from her mother protects her against magic.
They learn that magic had been banished from the world to protect it from an evil mage but it is now returning.
They learn that another (or the same) evil mage is threatening to enslave humanity and that they have to stop her.
They defeat the evil mage and save mankind.
Stasis: Anita is a young slightly geeky woman. She is very shy and has low self esteem.
Trigger: She meets Kimiko in a comic book shop where they are attacked by a magical creature and barely escape.
Quest: Kimiko has a comic book that features a very similar creature. She wants to find out what is going on. Anita resists at first but then agrees to investigate.
Bolt: They discover more issues of the comic but then they are stolen.
Shift: At first they view all the magical things they discover as evil, but then they find a powerful sword and they realise that magic can be used for good as well as evil.
Defeat: They attack the adversary but have to retreat, losing the sword in the process.
Power: Anita is becoming a powerful mage and gains self esteem.
Resolution: Together they recover the sword and defeat the evil mage.
Was sie (heraus-)finden:
* Comic (6 Ausgaben von 8 geplanten)
* Anitas Halskette schützt vor Magie
* Alter Besitzer des Comicladens
* Enkelin des Comicautors
* magisches Schwert